PPH 2009; 15(4): 181-187
DOI: 10.1055/s-0029-1237756
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Drogensondersprache – Tabu oder hilfreiches Mittel im Kontext der Pflege von abhängigen oder Rauschmittel missbrauchenden Menschen?

Matthias A. Reinecke
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Publication Date:
01 September 2009 (online)

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Zusammenfassung

Der Autor grenzt zunächst Umgangssprache und Szenesprache voreinander ab und beschreibt, wie beide sich auch gegenseitig beeinflussen, also Begriffe aus der Drogenszene schon in der allgemeinen Alltagsprache auftauchen. Anschließend gibt er einen Ausblick, welche Vor- und Nachteile die Verwendung der Drogensondersprache an den verschiedenen Arbeitsplätzen auf die Beziehungsgestaltung und den Genesungsprozess der Klienten haben könnte.

Literatur

Die Worte „Patient” und „Klient” werden im Verlauf als bedeutungsgleich betrachtet und dementsprechend verwendet.

An dieser Stelle sollte angemerkt werden, dass nicht jeder Konsument von illegalen Substanzen sich einer solchen Szene zugehörig fühlt und darin weiträumig verkehrt. Ein Teil bezieht nur seine Rauschmittel aus den Kanälen der Szene und hält sich ansonsten nicht dort auf.

Der Ausdruck „Umgangssprache” verweist darauf, dass es neben einer überregionalen Standardsprache eines Landes, z. B. Hochdeutsch, regionale Ausprägungen eben dieser Hochsprache gibt. In diesem Sinne lassen sich Formen wie das Alemannische oder das Sächsische als Umgangssprache kennzeichnen. Von der Umgangssprache wiederum lässt sich der Dialekt abgrenzen. Dialekte stellen Gebrauchsformen der Umgangssprache dar, die eine sehr geringe regionale Ausdehnung besitzen und oftmals als Mundart eines bestimmten Ortes beschrieben werden können. Die verschiedenen Unterformen der jeweiligen Hochsprache (Umgangssprache, Dialekt, Jugend-, Fach- und Szenesprachen etc.) lassen sich darüber hinaus auch als „Sprachgebrauchsformen” oder „Varietäten” klassifizieren.

Interessierte Leser finden ausgewählte Musikstücke zu diesem Thema auf den folgenden CDs: „Reefer Songs” (Various Artists, Mojo Records, 1996) und „Dope and Glory” (Various Artists, Trikont, 2002/2005). Das Internetportal www.onlinepot.org bietet zudem unter www.onlinepot.org/potsongs.htm einen Überblick über diverse Titel und Interpreten.

Dem Prozess des Code-Switchings unterliegen jedoch generell alle einer Sprache mächtigen Personen, denn gerade soziale Vertrautheit wird durch einen derartigen Prozess angezeigt. Das Wechseln vom Dialekt zum Hochdeutsch oder bereits ein Wechsel vom „Du” zum „Sie” bedeutet dabei eine Varianz in der Sprachgebrauchsform.

Wegen der Darstellung von Exzessen und dem drogenbedingten Niedergang des Protagonisten war Pitigrillis Roman in der Bundesrepublik Deutschland bis in die 1980er-Jahre hinein indiziert und nicht erhältlich.

Die Umschreibung „einen Affen schieben”, die eine Analogübersetzung des englischen Ausdrucks „Monkey on my back” zu sein scheint, ist zumindest den Beobachtungen des Verfassers nach im Rhein-Neckar-Kreis recht weit verbreitet. Seinem Ursprung nach scheint dieser Ausdruck der US-amerikanischen Drogenszene entsprungen zu sein. Im Jahr 1954 publizierte ein gewisser Wenzell Brown, seines Zeichens ein bekennendes Mitglied der sich gerade in der Gründungsphase befindenden Selbsthilfegruppe Narcotics Anonymous, ein Buch mit dem Titel „Monkey on my back”, welches sich mit dem Thema Sucht und Abhängigkeit befasst. Auch Maurer (15, S. 321) verzeichnet die Phrase „Monkey on my back” als Bezeichnung für frühe Entzugszeichen oder Drogengebrauch. Die Rockgruppe Aerosmith veröffentlichte zudem 1989 auf ihrem Album „Pump” einen Song mit gleichnamigem Titel, in welchem der Sänger Steven Tyler über die Drogenprobleme der Bandmitglieder singt.

Einen umfassenden Einblick in die Arbeit sog. Street oder Outreach Nurses bietet der Film „Bevel Up: Drugs, Users, and Outreach Nursing”.

Mit dem Hinweis auf die sprachlichen Besonderheiten der örtlichen Drogenszene soll angezeigt werden, dass auch in Drogenszenekreisen Sprachunterschiede und Verständigungsprobleme bestehen. Dies lässt sich vor allem in den zahlreichen existierenden Internetforen einsehen, in denen Drogengebraucher über die Sinnhaftigkeit und/oder das existierende Wortmaterial diskutieren (s. z. B.: www.eve-rave.ch/Forum/ftopic335.html).

Durch die Sammlung und schriftliche Fixierung der genannten Wörter und Phrasen nach der Sitzung erlangen Sie automatisch auch ein auf Station hinterlegtes „Lexikon” der Szenesprache, welches der lokalen Drogenszene entstammt.

Matthias A. Reinecke

Brückenstr. 27

69120 Heidelberg

Email: m_a_reinecke@web.de

URL: http://www.suchtkrankenpflege.de